„DIE DIGITALISIERUNG IST EIN ZUKUNFTSTREIBER“
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Herr Dr. Heinz, im Juni findet der zweite Technology Day am DIL in Quakenbrück statt. Wie fällt Ihre Bilanz zur Premiere im vergangenen Jahr aus?
Dr. Volker Heinz: Die Premiere war ein großer Erfolg. Wir konnten 150 Fachleute aus der Lebensmittelbranche auf dem DIL Technology Day begrüßen und haben durch Vorträge und Demonstrationen Einblicke in die neuesten Technologien und Entwicklungen der Lebensmitteltechnik geboten. Über 20 Unternehmen aus verschiedenen Ländern haben ihre Lösungen vorgestellt.
... das Feedback der Teilnehmer war also äußerst positiv?
Ja, weshalb wir bereits während der Veranstaltung im vergangenen Jahr die Fortsetzung angekündigt haben. Am 11. und 12. Juni erwartet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine noch breitere Palette an Themen und Präsentationen. Wir haben ein vielfältiges Programm, bestehend aus vier Sessions, zusammengestellt, das aktuelle Herausforderungen und Innovationen in der Lebensmitteltechnik adressiert. Von neuen Verarbeitungstechnologien bis hin zu digitalen Lösungen für die Lebensmittelproduktion werden wir eine inspirierende Plattform für den Wissensaustausch bieten.
Was steht konkret auf der Agenda?
Im Mittelpunkt stehen in diesem Jahr Sessions zu den Themen Automation, Biotech, Processing und Ingredients. Neben Keynotes von Timo Recker, Mitgründer und CEO des Food-Tech-Startups Tindle, sowie Prof. em. Dr. Hannelore Daniel werden in diesem Jahr die Präsentationen durch eine Paneldiskussion zum Thema Eco-Label ergänzt.
„Der Einsatz von KI hilft, Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette effizienter zu gestalten.“
Klimawandel, Energie-, Rohstoff- und Wasserknappheit: Die Ernährungsindustrie steht weltweit vor großen Herausforderungen ...
Die Branche steht weiterhin vor der Herausforderung, unser Ernährungssystem nachhaltiger zu gestalten. Um das zu erreichen, gilt es gleichzeitig an mehreren Stellen anzusetzen. Einerseits müssen Prozesse entwickelt werden, die weniger energieintensiv sind. Außerdem müssen wir nachhaltigere Rohstoffe in die Produktentwicklung einbinden und Wege finden, nährstoffreiche und sichere Lebensmittel herzustellen. Das heißt auch, die Lebensmittelproduktion nicht als linearen Prozess, sondern als Kreislauf zu betrachten – und insbesondere Stoffkreisläufe zu schließen. So kann ein vermeintliches Rest- oder Nebenprodukt durch die richtige Aufbereitung wieder in die Wertschöpfungskette eingeschleust werden. Die Umsetzung von Nachhaltigkeit in der Lebensmittelbranche erfordert ein ganzheitliches Konzept, das sowohl ökologische als auch ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigt.
Technologie spielt dabei eine entscheidende Rolle ...
Ein zentraler Ansatzpunkt, den wir im Rahmen der Session Processing auf dem DIL Technology Day aufgreifen, ist deshalb die Optimierung von Produktionsprozessen, um Ressourcen effizienter zu nutzen und Abfälle zu reduzieren. Hier kommen Technologien wie die Nutzung erneuerbarer Energien, die Implementierung von Kreislaufwirtschaftskonzepten und die Entwicklung von Verfahren zur Rückgewinnung und Wiederverwertung von Stoff- und Energieströmen zum Einsatz. In der Agrarwirtschaft gibt es eine Menge an Nebenströmen, die mit den richtigen Prozessen und einer intelligenten Vernetzung Grundlage für nährstoffreiche Lebensmittel sind.
Darüber hinaus spielen digitale Lösungen eine wichtige Rolle, um Transparenz entlang der Lieferkette zu schaffen und eine nachhaltige Produktion zu ermöglichen ...
Moderne Automatisierungstechnologien ermöglichen eine Kontrolle während der gesamten Wertschöpfungskette, um eine möglichst geringe Verschwendung zu erreichen. Daher haben wir den Bereich Automatisierung präsenter im Programm des DIL Technology Day aufgenommen. Zusammen mit dem DFKI arbeiten wir an Lösungen, um eine effiziente Wertschöpfungskette in der Lebensmittelindustrie zu ermöglichen.
„In der Agrarwirtschaft gibt es eine Vielzahl von Nebenströmen, die Basis für nährstoffreiche Lebensmittel sind.“
Sie haben in diesem Jahr gleich vier Sessions auf dem DIL Technology Day in den Mittelpunkt gestellt. Warum wurden von Ihnen die Schwerpunkte Automation, Food Biotech, Processing und Ingredients ausgesucht?
All diese Schwerpunkte sind eng miteinander verknüpft und ergänzen sich bei der Lösung der Aufgabe des Ernährungssystems, nachhaltige und sichere Lebensmittel zu produzieren. Die Möglichkeiten von Automatisierungstechnik in Verbindung mit KI haben sich in jüngster Zeit massiv weiterentwickelt. Dort werden wir insbesondere auch Anwendungsmöglichkeiten präsentieren, die bereits in der Industrie erprobt sind. Die Biotechnologisierung der Ernährungsindustrie ist insbesondere durch Weiterentwicklungen von modernen Fermentationstechnologien geprägt.
Was genau verstehen Sie unter dieser "Biotechnologisierung", wie Sie es nennen?
Sowohl im Bereich Biomassefermentation als auch in der Präzisionsfermentation haben sich einerseits viele Startups entwickelt. Aber auch traditionelle Unternehmen haben sich der Technologie zugewandt und erkannt, welches Potenzial darin steckt, nachhaltige Inhaltsstoffe wie Proteine und Öle zu erzeugen. Innovative Verfahren der Lebensmittelverarbeitung sowie die gezielte Auswahl von (funktionellen) Roh- und Inhaltsstoffen sind weitere Stellschrauben, um die Nachhaltigkeit der Lebensmittelkette zu erhöhen. Folglich adressieren wir auch diese im Juni auf der Veranstaltung.
Inwieweit spielen branchenübergreifende Themen wie Nachhaltigkeit, digitale Transformation und KI eine Rolle auf dem Technology Day?
All das sind Querschnittsthemen, die uns schon im Jahr 2023 auf dem DIL Technology Day begleitet haben. Alternative Rohstoffe, neue Verfahren der Aufbereitung, Weiterverarbeitung oder Haltbarmachung, letztlich geht es immer darum, sichere und nachhaltigere Lebensmittel zu produzieren. Auch digitale Lösungen inklusives des Einsatzes von KI helfen, Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette effizienter und transparenter zu gestalten – und damit natürlich nachhaltiger. Die Digitalisierung ist ein Zukunftstreiber. Diesem Umstand werden wir durch die Session Automation gerecht.
„Wir müssen Prozesse entwickeln, die weniger energieintensiv sind und gleichzeitig die Stoffkreisläufe schließen.“
Die Entwicklung innovativer Lebensmittelprodukte beinhaltet eine möglichst ressourcenschonende Proteinproduktion. Als Beispiele gelten Fleisch aus Zellkulturen, algenbasierte Lebensmittel oder Insekten ...
Mit Better Insect Solution haben wir das Thema auf dem Technology Day präsent. Am zweiten Tag wird es sogar die Möglichkeit geben, die neu eröffnete Insektenfarm in der Region zu besuchen. Zum Thema Fleisch aus Zellkulturen wird uns Dr. Wolfgang Kühnl von InFamily Foods im Rahmen seines Vortrags in der Session Biotechnologie etwas erzählen. Er stellt die aktuellen Entwicklungen von The Cultivated B vor, die im Jahr 2023 als erstes Unternehmen den Novel Food-Antrag für ein Produkt aus zellulärem Fleisch gestellt haben.
In welchen Bereichen engagiert sich das DIL aktuell schwerpunktmäßig im Rahmen seiner Forschungsaktivitäten?
In den vergangenen Jahren haben wir ein stark wachsendes Segment an Plant-based-Produkten am Markt gesehen. Hier gibt es noch viel Potenzial, neue Rohstoffe mit innovativen Prozessen weiterzuentwickeln. Das DIL setzt dort mit seiner Expertise in der Verfahrenstechnik und Produktentwicklung an, um das Potenzial jedes Rohstoffs auszuschöpfen. Das ist natürlich nur ein Beispiel unserer Forschungsaktivitäten von vielen.
Im Ausstellungsbereich präsentierten zahlreiche Unternehmen im vergangenen Jahr innovative Produkte, Technologien und Dienstleistungen. Hat sich das Konzept von Konferenz und begleitender Ausstellung bewährt?
Definitiv. Wir haben uns diese Kombination aus Live-Demonstrationen und Konferenz als Alleinstellungsmerkmal herausgebildet und das Feedback hat gezeigt, dass wir damit eine Lücke in der Vielzahl an Events in der Lebensmittelwirtschaft gefunden haben. Wir haben einige Unternehmen, die bereits im vergangenen Jahr zugesagt hatten, wieder dabei zu sein, aber auch bei vielen weiteren Unternehmen hat sich der DIL Technology Day herumgesprochen, sodass wir auch viele neue Aussteller erwarten können.
Diesen Artikel finden Sie in LT 5/2024 auf den Seiten 22 und 23.
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