© Uelzena/Thies Rätzke
Die neue Sprühtrocknungsanlage ist für eine Leistung von 650 bis 750 Kilogramm pro Stunde ausgelegt.
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Für jede der vier Hygienezonen des Sprühtrocknungswerkes (hier der High-Care-Bereich) gibt es spezielle Kleidung und Schuhe für die Mitarbeiter, die innerhalb der Zonen verbleiben.
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Das neue Werk ist mit zwei kombinierbaren Mischlinien und leistungsstarken High-Shear-Mischern mit Dispergiereinheit ausgestattet.

LOHNTROCKNUNG AUF HIGH-CARE-NIVEAU

Im vergangenen Jahr hat Uelzena ein neues Sprühtrocknungswerk in Betrieb genommen, um seinen Lohnherstellungsbereich deutlich zu erweitern. Firmenintern wird diesbezüglich vom "Turm 12" gesprochen, womit der 15-Meter-Sprühturm als Herzstück der Anlage gemeint ist. Die gesamte Ausstattung entspricht dem aktuellen Stand der Technik. Selbst die hohen Anforderungen für High-Care-Produktionen von Babynahrung werden umfassend erfüllt.

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Die Entscheidung für den Bau des neuen Sprühtrocknungswerks erläutert Bernd Gewecke, Geschäftsführer Vertrieb Zutaten und Lohntrocknung: „Die Anforderungen an die Produktsicherheit von Zusatzstoffen für Babynahrung, wie beispielsweise Mineralstoffe oder Vitamine auf Trägermaterialien, sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Vor diesem Hintergrund und mit dem Ziel, bestehende Partnerschaften mit Herstellern weiter auszubauen, war der Neubau eines High-Care-Sprühtrocknungswerks für uns ein konsequenter und logischer Schritt. Damit sind wir auch in Zukunft bestens aufgestellt, um unsere Kunden aus der Lebensmittel- und Infantfood-Industrie weiterhin als bevorzugter und gesuchter Spezialist zu begleiten.“

Die Anlage ist für eine Leistung von 650 bis 750 Kilogramm pro Stunde ausgelegt. Eine besondere Herausforderung ist die große Bandbreite an verschiedenen Produkten mit ihren unterschiedlichen Ansprüchen, die auf dem neuen Turm 12 gesprüht werden sollen. Für jede Anwendung wird zunächst ein eigener, individuell abgestimmter Verarbeitungsprozess definiert.

Zur optimalen Steuerung des Sprühtrocknungsprozesses erfolgt eine kontinuierliche Erfassung unterschiedlicher Prozessparameter. Dank der umfangreichen Dokumentation aller Prozesseinstellungen lassen sich automatisch detaillierte Batch-Reports für jede Charge erstellen. Das gewährleistet eine lückenlose Kontrolle und erlaubt eine umfangreiche Analyse jeder Produktion.

Durch Anpassung der Düsenkonfiguration oder der Feinpulver-Rückführung sind im Sprühprozess wichtige Parameter wie Partikelgrößenverteilung, Fließfähigkeit und Schüttgewicht gezielt steuerbar. Fließmittel wird bei Bedarf über eine gravimetrische Dosierung direkt am Turm zugegeben. In den Fließbetten können die Pulvereigenschaften abschließend noch weiter modifiziert werden. Das Ergebnis ist ein optimales Sprühprodukt gemäß den spezifischen Vorgaben des jeweiligen Auftraggebers.

Die Abfüllung des Pulvers erfolgt direkt unter dem Turm zunächst in Big Bags, aus denen dann später auf den weitgehend automatisierten Abpacklinien in Bag-in-Box-Systeme von bis zu 25 Kilogramm Inhalt abgefüllt wird. Die Entkopplung des Verpackungsprozesses vom Sprühturm sorgt für mehr Flexibilität bei den Verpackungsmöglichkeiten sowie eine hohe Ausnutzung der Anlagenleistung.

Optimal angeordnete Komponenten

Turm 12 ist der erste alleinstehende Sprühturm bei Uelzena, für den ein eigenes Turmgebäude in Form eines kompletten, in sich abgeschlossenem Sprühtrocknungswerks gebaut wurde. Es ist komplett nach Infant-High-Care-Anforderungen ausgestattet worden und enthält neben dem Sprühturm alle notwendigen Komponenten wie einen Nassmischbereich, Aufgabestationen für Zutaten und Wirkstoffe, Abfüllung und Verpackung sowie Wasch- und Sozialräume. „Im neuen Werk ist der gesamte Prozess von der Konzentratherstellung bis hin zum fertig abgepackten Pulver im Alubeutel rezepturgesteuert. Alle Parameter wie zum Beispiel Mengen, Temperaturen, Zeiten, Drücke und Drehgeschwindigkeiten werden über das neue Rezeptsystem gesteuert und überwacht“, erläutert Benjamin Bücker, Teamleiter Turm 12. „Ein weiterer wichtiger Baustein für einen sicheren Produktionsprozess.“

Die Anlage gestattet die Sprühtrocknung von Vitaminen, Mineralstoffen und anderen Zutaten nach höchsten Qualitätsanforderungen. High Care war daher die oberste Prämisse für deren Gestaltung und Ausstattung. Dazu zählen beispielsweise ein strenges Hygienezonenkonzept mit Hygieneschleusen zur Trennung der verschiedenen Bereiche, Containment-Systeme an den Wirkstoffdosierungs- und Abfüllanlagen, separate Wasch- und Trocknungsräume für die Reinigung von Anlagenteilen sowie effiziente Lüftungs- und Filtersysteme für die Frischluftzufuhr. Dazu Lorenz Mock, Stellvertretender Leiter Qualitätsmanagement: „Durch die Zusammenarbeit verschiedener Projektgruppen entstanden neue Ansätze, welche sich zum Beispiel in der detaillierten Ausarbeitung des Hygienezonenkonzepts widerspiegeln. Gerade für die High-Care-Produktionen von Komponenten für Säuglings- und Kindernahrung ist das Thema Hygiene und Produktsicherheit von höchster Bedeutung und wir sind sehr stolz, dass Turm 12 seinen Beitrag hierzu leistet.“ Auch energetisch genügt die Anlage den aktuellen Standards. Sie ermöglicht eine nachhaltige, ressourcenschonende Produktion.

Das Ziel, besonders sichere Produkte in Infant-Qualität zu produzieren, hatte zentrale Bedeutung bei der Konzeption des neuen Sprühtrocknungswerks. Dazu gehört neben dem ausgeklügelten Hygienekonzept vor allem die Gewährleistung einer sicheren Produktion, und zwar sowohl in Bezug auf das Produkt als auch für die Mitarbeiter. Ein nicht unwesentlicher Aspekt bei den Planungen war eine möglichst ergonomische Gestaltung des Produktionsumfeldes, zum Beispiel die sinnvolle Ausgestaltung von Verkehrs- und Laufwegen, sichere und bequeme Zugänge zu Maschinen und Anlagen, eine umfassende Ausleuchtung oder die richtige Platzierung von Schaltern, Bedienelementen und Arbeitsbühnen.

Zur Arbeitssicherheit tragen in einem Sprühtrocknungswerk neben einem guten Brand- und Explosionsschutzkonzept insbesondere umfangreiche Containment-Maßnahmen bei, um den Kontakt mit Staub oder gefährlichen Stoffen zu vermeiden. Die Aufgabe für Wirkstoffe befindet sich in einem separaten Bereich mit einer leistungsstarken Absaugvorrichtung. So bleibt potenzieller Staub in dem in sich abgeschlossenen Raum. Die Gebinde mit den Zutaten werden in sogenannten Glove-Boxen geöffnet, die von außen über lange Handschuhe bedient werden. Auch die Aufgaben für Trägerstoffe verfügen über eine Absaugung und eine partielle Einhausung, um die Staubbelastung zu minimieren. Die Verhinderung von Staub ist gleichzeitig ein wichtiger Baustein des ausgefeilten Hygienekonzeptes, ebenso die weitgehende Vermeidung von Wasser im Bereich der Trocknung und der Abpackung.

Aufteilung in Hygienezonen

Das Werk ist in verschiedene Hygienezonen von Außenbereich bis High Care eingeteilt, die baulich voneinander getrennt sind. Sie werden durch jeweils separate Eingänge mit Hygieneschleusen betreten. Für jede Zone gibt es eigene Kleidung und Schuhe, die innerhalb dieser verbleiben. Druckdifferenzen zwischen den Räumen verhindern Kreuzkontaminationen. Nach Hygienezonen getrennte Lüftungs- und Filtersysteme versorgen das Werk mit konditionierter Luft.

Wie für die Mitarbeiter gibt es auch für Materialien wie Rohstoffe und Paletten ein striktes Hygienekonzept. So sind Ladungsträger beispielsweise zu tauschen, sobald sie in eine andere Zone wechseln. Durch die Nutzung von Laufbändern und Kranschienen werden Bodenberührungen beim Transport von Materialien verhindert.

Für eine sichere Produktion gehört die Vermeidung von Wasser in der Produktion zu den obersten Zielen. Komplexe Reinigungskonzepte halten alle kritischen Bereiche möglichst trocken. Natürlich lässt sich eine Nassreinigung nicht immer vermeiden. Doch wenn die Notwendigkeit besteht, dann geschieht sie so sicher wie möglich: Die Reinigung und Trocknung von demontierbaren Anlagenkomponenten wie die Siebe des Sprühturms oder die Kleinabpackung erfolgen in separaten Waschräumen außerhalb der weißen und der High-Care-Zone. Die Sprühlanzen des Turmes können durch spezielle Schleusen in der Wand gesteckt und im Nebenraum gereinigt werden. Für den Sprühturm selbst gibt es spezielle Nassreinigungslanzen. Ein Wasseraustritt in den weißen Bereich wird bei der Turmwäsche verhindert.

Im Regelbetrieb des neuen Werks wird das Hygienekonzept fortlaufend durch ein kontinuierliches Umfeldmonitoring verifiziert. Für Teilbereiche ist die Zertifizierung nach dem strengen EHEDG-Standard für hygienisches Anlagendesign geplant.

Zur Erzeugung eines optimalen Sprühproduktes ist der vorgelagerte Prozess der Konzentratherstellung von entscheidender Bedeutung, weil der Mischvorgang die Qualität des späteren Sprühproduktes unmittelbar beeinflusst. Die besondere Herausforderung dabei sind die sehr unterschiedlichen Ausgangsprodukte mit ihren speziellen Eigenschaften bezüglich ihrer Verarbeitung. Eine umfangreiche Ausstattung mit verschiedenen Technologien und eine flexible Kombinationsmöglichkeit von Anlagen und Prozessen waren deshalb zwei zentrale Aspekte in der Projektplanung für den Nassmischbereich.

Das neue Werk ist mit zwei separaten, kombinierbaren Mischlinien und leistungsstarken High-Shear-Mischern mit Dispergiereinheit zur Einmischung von Pulvern und anderen Rohstoffen ausgestattet. Hier können wässrige Phasen und Fettphasen zunächst getrennt voneinander hergestellt und dann zusammengeführt und emulgiert werden. Der Grad der Emulsion ist über die Regelung von Geschwindigkeit und Druck im Homogenisator gezielt steuerbar. Die Emulsionsqualität hat direkten Einfluss auf die physikalischen Parameter wie Löslichkeit, Farbe und Wirkstoffgehalt des fertigen Pulvers.

Der gesamte Mischprozess erfolgt weitestgehend selbsttätig. Die benötigten Rohstoffe werden rezepturgesteuert direkt aus verschiedenen Aufgabestationen für Big Bags, Säcke, Container oder Fässer gezogen. Auch alle weiteren Prozessschritte werden vom Steuerungssystem vorgegeben und während jeder Produktion detailliert erfasst und dokumentiert. Dieser automatisierte Ablauf und das Einscannen sämtlicher Rohstoffe vor der Zugabe erlauben eine umfassende und einfache Rückverfolgbarkeit und gewährleisten reproduzierbare Prozesse sowie eine hohe Produktqualität und -sicherheit.

Die fertig gemischten Sprühansätze werden in einem separaten Konzentratlager mit produktschonenden Ankerrührwerken zwischengestapelt und von dort mittels Hochdruckpumpe zum Sprühturm gefördert. Für eine optimale Produktschonung kann die Pumpenleistung entsprechend angepasst werden. „Die technologische Ausstattung des neuen Turm 12 bietet uns tolle neue Möglichkeiten für die Lohntrocknung von Vitaminen und Mineralstoffen nach Infant-High-Care-Anforderungen“, beurteilt Markus Eisele die Anlage aus Sicht der Produktentwicklung. „Wir versprechen uns insbesondere eine deutliche Verbesserung der Trocknungs- und Pulvereigenschaften. Vor allem die Entwicklung eines individuellen Mischprozesses für jedes Produkt ist eine der größten Herausforderungen und unsere wertvollste Kernkompetenz. Denn dieser ist immens wichtig für die Stabilität und Qualität des späteren Sprühprodukts.“

Rückgewinnung von Wärme

Ein weiterer wichtiger Fokus lag bei der Konzeption des neuen Werks lag auf den Themen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. So wurde der Sprühturm eingehaust und isoliert, um Wärmeverluste zu verringern und Energie zu sparen. Wärmetauscher in den Lüftungsanlagen sorgen für eine effektive Zuluft-Vorwärmung für den Trocknungsprozess durch Rückgewinnung von Wärme aus der Abluft. Wo immer es geht, wird die eingesetzte Prozesswärme zurückgewonnen. Frequenzgeregelte Brenner im Kesselhaus sorgen für eine gassparende Dampferzeugung.

Das gesamte Gebäude ist mit energiesparender LED-Beleuchtung ausgestattet. In den meisten Produktionsräumen und in den Treppenhäusern sind Präsenzschalter eingebaut, so dass die Beleuchtung automatisch über eine Bewegungserkennung gesteuert wird. Das senkt den Stromverbrauch zusätzlich. Vorhandene Elektromotoren, beispielweise für Pumpen, sind mit Frequenzumrichtern versehen, damit deren Leistung automatisiert und bedarfsgerecht über die Anlagensteuerung angepasst wird.

Neben der technischen Ausstattung der Anlage waren insbesondere die Themen Datenmanagement, Prozessautomation und die Programmierung von Schnittstellen große Herausforderungen. Vom Auslösen des Fertigungsauftrags über das Anmischen, dem Sprühtrocknen, Abpacken und Einlagern im Hochregallager bis hin zur Rückmeldung der fertigen Produkte ins Warenwirtschaftssystem – so gut wie alle Produktionsschritte im neuen Werk sind hochgradig automatisiert und miteinander vernetzt. Die Grundlage dafür ist die Erfassung und Auswertung umfangreicher Daten und eine Anbindung ans bestehende ERP-System.

Der Datenaustausch erfolgt dabei in beide Richtungen. Stammdaten wie Stücklisten, Prüfpläne, Arbeitspläne, Rezepturen und Daten für den automatisierten Etikettendruck werden aus dem ERP-System über eine individuell programmierte Schnittstelle an das Steuerungssystem des Sprühtrocknungswerks übergeben. Umgekehrt liefert das Steuerungssystem während der Fertigung eine Vielzahl an Daten zurück an das ERP-System, zum Beispiel Verbräuche von allen Rohstoffen und Verpackungsmaterialien oder umfangreiche Chargeninformationen, Prozessparameter und Start-/Stoppzeiten von Anlagen für die automatisierte Erstellung detaillierter Batch-Reports. So entsteht eine totale Transparenz über alle Fertigungsschritte hinweg.

Geschäftsführer Bernd Gewecke stellt abschließend fest: „Mit dem Turm 12 bietet unser Geschäftsbereich Lohntrocknung die erforderlichen Potenziale, langfristig, strategisch und unter Einhaltung aller notwendigen qualitativen Aspekte zu wachsen. Durch den Neubau können wir unseren Kunden Serviceleistungen anbieten, die auf dem allerneuesten Stand sind in Bezug auf Technologie, nachhaltige Produktion und Umweltschutz. Besonders stolz sind wir auf das extrem hohe Hygienelevel des neuen Werks.“


Diesen Artikel finden Sie in LT 5/2024 auf den Seiten 10 bis 13.

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