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Die Anuga FoodTec moderne Ansätze für die Prozessanaltik und Qualitätskontrolle vor.

DAS PRODUKT IM BLICK

Vom 19. bis 22. März bildet die Anuga FoodTec 2024 das gesamte Spektrum der modernen Prozessanalysetechnologien für die Lebensmittelindustrie ab. Dank der Fortschritte im Bereich der optischen Technologien lassen sich inzwischen viele Aufgaben der Qualitätskontrolle und -sicherung in Echtzeit lösen. Künstliche Intelligenz und Deep Learning-Algorithmen spielen dabei eine zunehmend wichtigere Rolle.

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In der Lebensmittelindustrie ist die Qualitätskontrolle mit den klassischen Methoden der Analytik und nasschemischen Verfahren nach wie vor weit verbreitet. Dies geschieht im Labor, wobei für jede Charge eine Probe entnommen wird. Produkte, die nicht den Spezifikationen entsprechen, werden zurückgehalten. Oft liegt dabei in den Unternehmen eine heterogene Umgebung an Analysengeräten, Software-Tools und Prozessen vor. Die Geräte sind über die Bediensoftware nur vereinzelt mit einem zentralen Labor-Informations- und Management-System (LIMS) verknüpft. Die Daten werden mittels USB-Sticks und Excel-Sheets, oder, im ungünstigsten Fall, ausgedruckt und manuell übertragen – praxisgerecht ist ein solches Vorgehen in Zeiten zunehmender Digitalisierung nicht.

Hinzu kommt: Die Proben müssen aus der laufenden Produktion unter Einhaltung strengster Hygienebedingungen entnommen werden, was sich insbesondere bei geschlossenen Prozessen als schwierig erweist. „Gerade im Hinblick auf Trends wie Internet of Things und Big Data müssen in den lebensmittelverarbeitenden Betrieben diverse Prozesse und Strukturen in der Qualitätssicherung angepasst werden“, sagt Matthias Schlüter, Director Anuga FoodTec. Automationslösungen und Prozessanalysetechnologien (PAT), beides Schwerpunkte auf dem Kölner Messegelände, sind der Schlüssel hierfür. „Besucher finden an den Ständen der Aussteller ein umfassendes und branchenübergreifendes Angebot für die qualitative und quantitative Analyse im Labor und Prozess“, so Schlüter.

Inline-Analyse von Inhaltsstoffen

Bei einem PAT-basierten Ansatz werden die aus dem Labor bekannten Messgrößen von den Analyseinstrumenten direkt im Produktionsprozess erfasst. Von dort werden die Werte an das Prozessleitsystem übertragen, welches sich geräteseitig in ein Industrie 4.0-Konzept integrieren lässt. Das erklärte Ziel: Von Anfang an eine Lebensmittelproduktion innerhalb der Spezifikationen zu gewährleisten, was Produktverluste vermeidet und zu Kosteneinsparungen führt.

Dieser Prämisse folgend, haben sich Nahinfrarot-(NIR)-Spektrometer zu verlässlichen Werkzeugen für eine Überwachung in allen Schritten der Lebensmittelherstellung entwickelt. Die zur Auswertung der spektroskopischen Ergebnisse benötigten mathematischen Modelle sind in den Geräten hinterlegt, das heißt sie kombinieren Sonde und Spektrometer in einer Apparatur. Mit ihnen lassen sich im Sekundentakt qualitätsrelevante Parameter wie Trockenmasse, Zucker-, Eiweiß- und Fettgehalt direkt in der Produktionslinie bestimmen – berührungslos und ohne dass Proben entnommen werden müssen. Gleichzeitig lassen sich Fehlchargen vermeiden, da abweichende Werte frühzeitig erkannt werden, und nicht erst nach der Analyse im Labor.

Hersteller von Speiseölen können so den Ölgehalt der Rohstoffe noch vor der Pressung bestimmen. Gleiches gilt in der Milchindustrie, beispielsweise bei der Herstellung von Joghurt. Hier lässt sich der Gehalt an Fruchtzucker ermitteln, der in den verarbeiteten Früchten je nach Sorte und Reifezustand schwanken kann. Anstatt einer zeitaufwendigen Bestimmung über den Brechungsindex gewährleistet die spektroskopische Inline-Messung mittels Reflexionssonde eine bestmögliche Qualität vor dem Abfüllen. So bereitet Prozessanalysentechnik den Weg zur automatisierten Chargenfreigabe. Letztendlich geht es auch darum, die Ausbeuten zu erhöhen und das mit möglichst wenig Energieeinsatz. Ist etwa der gewünschte Trocknungsgrad von Milchpulver für Babynahrung erreicht, muss dem Prozess keine Wärme mehr zugeführt werden.

Künstliche Intelligenz in der Qualitätskontrolle

Innovative Lösungen, wie sie auf der Anuga FoodTec zu finden sind, unterstützen Lebensmittelhersteller bei der Erkennung von Fremdkörpern, der Ermittlung des Füllstands oder der Unversehrtheit von Schutzgasverpackungen. Wichtig ist es, dass die Produktionszeit durch den Messvorgang nicht verlängert wird. Aus diesem Grunde werden vorwiegend berührungslose Messverfahren eingesetzt. Ebenso muss die Bildverarbeitungssoftware in Echtzeit die Ergebnisse berechnen, damit ein fehlerhaftes Produkt sofort ausgeschleust werden kann. Dass Künstliche Intelligenz dabei immer stärker Einzug hält, wird auch auf dem Kölner Messegelände deutlich (mehr dazu lesen Sie in den Interviews mit Dr. Carsten Cruse und Dr. Markus Schlagbauer ab Seite 46). Optische Verfahren mit Deep Learning sind in zunehmender Anzahl im Markt verfügbar. Mit ihnen ist es möglich, Lebensmittel im gesamten Wellenlängenbereich vom Ultravioletten über das Sichtbare bis hin zum Nahinfrarot zu untersuchen.

Die Technologieanbieter präsentieren auf der Anuga FoodTec Sortierer und Fremdkörpererkennungssysteme, die sich nahtlos in bestehende Verarbeitungslinien integrieren lassen und kundenspezifisch programmiert werden können. Klassische Sortiersysteme verwenden eine visuelle Inspektion bei normalem Licht. So lässt sich etwa der Bräunungsgrad von Toastbroten oder Brötchen durch eine 2D-Farbanalyse der Oberfläche präzise bestimmen. Zu stark gebräunte Backwaren werden so unmittelbar vor dem Verpacken und automatisiert aussortiert, damit sie gar nicht erst in den Handel gelangen.

Schwieriger wird es, wenn die Schokoladenglasur auf Keksen überprüft werden soll. Bei modernen Systemen erkennt die Software anhand der Helligkeitsstruktur der Oberfläche innerhalb von Millisekunden, ob die Glasur richtig auf das Backwerk aufgetragen wurde. Da unzählige Möglichkeiten von falsch aufgetragenem Schokoladenüberzug denkbar sind, spielen Deep Learning-Technologien dabei eine zentrale Rolle. Das heißt: Die Software "lernt" durch die detaillierte Auswertung digitaler Bilddaten die typischen Eigenschaften der zu erkennenden Objekte. Benötigt werden für dieses Training ausschließlich Bilder, auf denen korrekt glasierte Kekse zu sehen sind.

Wo steht die Lebensmittelindustrie?

Der Ausblick auf die Anuga FoodTec 2024 zeigt: Mit den wachsenden Anforderungen an Anlageneffizienz und Lebensmittelqualität hat auch die Nachfrage nach Prozessanalysentechnik zugenommen. „Die Anforderungen an Effizienz und Nachhaltigkeit forcieren den Bedarf für PAT in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie“, betont Matthias Schlüter. Auf dem Markt gibt es mittlerweile ein großes Angebot von Technologien und Sensoren, die sich für entsprechende Anwendungen eignen.

Die PAT der Zukunft wird smart sein und neben dem eigentlichen Messwert eine Vielzahl weiterer Daten zur Verfügung stellen, beispielsweise über den Zustand der Anlage, um vorausschauende Instandhaltungsmaßnahmen anzustoßen. Doch wo macht es Sinn, Laboranalytik durch PAT zu ersetzen? Und welche Herausforderungen können wie gelöst werden, um Bestandsanlagen mit mehr Prozessanalytik auszustatten? Antworten darauf geben die Aussteller vom 19. bis 22. März auf dem Kölner Messegelände.

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