VON BEGINN AN AUF HYGIENE GETRIMMT
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Hygiene ist das A und O in der lebensmittelverarbeitenden Industrie. Bei der täglichen Hochdruckreinigung werden die Prozessanlagen etwa bei einem Druck von zehn Bar mit 90 Grad Celsius heißem Wasser und alkalischen oder säurehaltigen Chemikalien von allen Seiten gereinigt. Damit unter diesen Bedingungen kein Wasser in die Gehäuse eindringt, ist es unumgänglich, dass diese dicht verschlossen sind. „Für uns hat dieses sensible Thema schon seit vielen Jahren oberste Priorität. Mit Lösungen von der Stange ist es hier nicht getan“, unterstreicht Heinz- Peter Wolf von Falk GmbH Technical Systems.
Schaltschrank ist also nicht gleich Schaltschrank. Doch was bedeutet das konkret? „Alle Komponenten müssen sorgfältig ausgewählt, aufeinander abgestimmt und anschließend entsprechend den Sicherheitsrichtlinien und Qualitätsvorgaben zusammengebaut werden“, so der Experte gegenüber LEBENSMITTELTECHNIK. Wolf ist einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter von Falk GmbH Technical Systems und ansässig in der Niederlassung in Troisdorf im Raum Köln/Bonn. Ihm zur Seite steht Andreas Falk, der zweite geschäftsführende Gesellschafter. Von Lörrach aus, dem Standort der zweiten Niederlassung, koordiniert er die Aktivitäten im südlichsten Teil Deutschlands.
Jeder Schaltschrank ist eine Herausforderung
Ganz egal, ob Standard- oder Sonderlösung – die jeweiligen Anforderungen sind dabei sehr unterschiedlich. Vom kleinen Tastergehäuse bis hin zum voll für Industrie 4.0 tauglichen Schaltschrank mit all seinen Steuer- und Kraftleitungen, Druckluftschläuchen und sonstigen Elektronikkomponenten: „Unser Team begleitet Lebensmittelproduzenten Schritt für Schritt zu ihrem passenden Schaltschrank“, hebt Andreas Falk im Gespräch hervor. Beide vertrauen auf erfahrene Außendienstmitarbeiter. Falk: „Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz. Bereits die Auswahl der passenden Materialien ist wichtig, ebenso wie der Einsatz moderner automatisierter CNC-Bearbeitung und die spätere Schaltschrankverdrahtung für den Anschluss auf der Feldebene.“ Etwaige Fehler bei der Ausschreibung würden sich dank dieses "Rundum- Blicks" besser im Sinne des Kunden erkennen lassen, was besonders „bei großen Projekten viel Zeit, Nerven und vor allem Kosten spart. Und wir begleiten auch die Konstrukteure bei der Schaltschrankauslegung“, ergänzt Wolf.
Zuständig dafür sind neben Falk und Wolf auch Frank Gerse und Stefan Metz vom Außendienstteam. Unterstützt werden sie von Markus Schmidt als Vertriebsleiter. Punkt für Punkt gehen sie vor Ort beim Kunden alles durch, um die optimale und sichere Funktion zu gewährleisten – eine Philosophie, die seit über zehn Jahren in die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Schaltschrankspezialisten Ilinox einfließt, den Falk GmbH Technical Systems in Deutschland repräsentiert. Zum Einsatz kommen dabei in der Lebensmittelindustrie vor allem die maßgeschneiderten Schaltschränke aus der Hygienic- Linie, die auf die Bedürfnisse dieser Branche ausgelegt sind.
Lösungen für anspruchsvolle Einsatzbereiche
Das italienische Unternehmen fertigt jährlich über 1.500 Gehäuse, rund die Hälfte davon in kundenspezifischer Ausführung. Zu den Abnehmern zählen überwiegend Erstausrüster sowie Lebensmittelproduzenten mit eigenem Engineering. Jedes Gehäuse wird mit äußerster Präzision nach den gängigen inner- und außereuropäischen Normen gefertigt. „Beim Bau der Stand- oder Wandgehäuse und Reihenschränke orientieren wir uns genau nach den individuellen Vorgaben hinsichtlich Größe und Form. Alternativ fertigen wir die Schaltschränke natürlich auch in allen Standarddimensionen an“, sagt Luigi Schiroli, Technical Sales Manager bei Ilinox und Ansprechpartner für das Team von Falk GmbH Technical Systems. Das Werk in San Polo, gelegen in der norditalienischen Region Emilia-Romagna nahe Parma, ist in der Lage, jedes gewünschte Gehäuse als Einzelfertigung oder in flexibler Serienfertigung herzustellen. Alle Gehäuse mit marktgebräuchlichen Abmessungen sind ab Lager verfügbar. Sie werden in vereinbarter Losgröße inklusive aller Ausschnitte gefertigt.
„Dank jahrelanger Praxis und breitem Knowhow können wir für die anspruchsvollsten Wünsche professionelle Lösungen anbieten, insbesondere auch in Bezug auf Reinigungsfähigkeit und Explosionsschutz“, betont Schiroli. Gerade wenn individuell geplant und verbaut werden muss, wie es für die Lebensmittelindustrie typisch ist, sieht er Vorteile für die Kunden von Ilinox, denn: „Dank der kurzen Wege unserer hauseigenen Konstruktion können wir schnell reagieren, wenn sich Pläne ändern oder unerwartete Herausforderungen in den Unternehmen ergeben. Bis zur Prüfung hin sind Änderungen noch kurzfristig möglich.“ Dazu muss bei der Fertigung der Schaltschrankgehäuse für eine standardisierte Produktion gesorgt sein. „Ansonsten“, sagt Schiroli, „lassen sich die Zulassungen und Prüfsiegel nicht aufrechterhalten.“ Seit 1995 fertigt Ilinox nach einem von Det Norske Veritas (DNV) zertifizierten Qualitätssystem, das den Anforderungen der ISO 9001:2008 entspricht.
Modernster Laserzuschnitt nach Maß
3D-Zeichenprogramme der neuesten Version sind die Basis der effizienten Projektierung. Sie erzeugen einen virtuellen Prototyp und legen die Bohrungen, Ausbrüche und Gewinde in der Montageplatte, den Schaltschranktüren und den Seitenteilen fest. Ein Workflow, den auch Heinz-Peter Wolf zu schätzen weiß: „Ilinox kann von der Planung bis hin zum fertigen Gehäuse auf einen durchgängigen Datenfluss zugreifen. So lassen sich Fehler in der manuellen Maschinenprogrammierung eliminieren und die Toleranzwerte bei der Montage auf ein Minimum reduzieren.“ Lebensmittelproduzenten erhalten so exakt zugeschnittene Gehäuse und Montageplatten mit den passenden Bohrungen und Fräsungen an den richtigen Stellen.
Hygiene pur für Lebensmittelproduzenten – das haben sich die italienischen Experten auf die Fahne geschrieben. Luigi Schiroli weiß: Nichts kann den Ruf eines Unternehmens der Lebensmittelherstellung schneller ruinieren und zu wirtschaftlichen Schäden führen als Meldungen über kontaminierte Produkte. Ilinox verarbeitet ausschließlich hochwertigen Edelstahl und setzt dafür modernste Lasertechnik ein. „Das Material besitzt einen hohen Korrosionsschutz, ist absolut ungiftig, widerstandsfähig gegen hohe und niedrige Temperaturen, lässt sich gut bearbeiten und hat eine lange Lebensdauer“, erklärt der Fachmann. Es sind vor allem die austenitischen Stähle der Serie 300, wie AISI 304 DIN 1.4301, AISI 304L DIN 1.4307 und AISI 316L DIN 1.4404, die eine optimale Verwendung im prozessnahen Umfeld garantieren, wo die Vermeidung mikrobieller Kontamination unerlässlich ist.
„Für uns hat das Thema Hygienic Design schon seit vielen Jahren oberste Priorität“, Heinz-Peter Wolf
Die Herausforderung dabei: Je korrosionsbeständiger ein Stahl ist, umso schwieriger ist er mit spanenden Verfahren wie Bohren oder Fräsen zu bearbeiten. Die Italiener setzen deshalb auf die berührungslose und vibrationsarme Lasertechnologie. Dank modernem 3D-Laser-Bearbeitungszentrum kann Ilinox sowohl Prototypen als auch einzelne Edelstahlgehäuse schnell und preisoptimiert bearbeiten. Komplett fertige Flachteile wie Schaltschranktüren, Seitenwände oder Montageplatten werden lediglich auf den Arbeitstisch aufgelegt, das Aufspannen der Werkstücke ist nicht mehr nötig. Gegenüber den spanenden Verfahren besitzt das Laserschneiden Vorteile, denn es ermöglicht Strukturen mit Schnittbreiten von 0,3 Millimetern. Außerdem verfärben sich die Schnittkanten beim Laserschneiden nicht und manuelle Nacharbeiten wie das Entgraten entfallen.
Hygienic Design im Pflichtenheft
Das aufeinander abgestimmte Sortiment der Hygienic-Linie unterstützt sichere und reproduzierbare Reinigungsprozesse. Gleichzeitig trägt es zu deren Effizienzsteigerung bei. „Hygienic Design ist ein Schlagwort, das in diesem Zusammenhang immer wieder fällt. Schon das Anhaften von Schmutz soll konstruktiv möglichst ausgeschlossen werden“, erläutert Heinz- Peter Wolf. Die Gehäuselinie wurde dafür von Ilinox gemäß der EHEDG Guideline 8 "Gestaltungskriterien für hygienegerechte Maschinen, Apparate und Komponenten" konstruiert. Zu den wichtigsten Gestaltungsprinzipien zählen die Vermeidung von horizontalen Oberflächen, scharfen Ecken und Winkeln, überflüssigen Bohrlöchern, Schrauben und Spalten sowie von Toträumen. Die Oberflächen der Gehäuse sind komplett aus Edelstahl mit einer Rautiefe kleiner als 0,8 Mikrometer gefertigt, wodurch eine hohe Korrosionsbeständigkeit erreicht wird.
Das Fehlen von Toträumen verhindert das Einnisten von Bakterien. Spalten oder außen liegende Scharniere, in denen sich Mikroorganismen festsetzen oder vermehren können, gibt es nicht. Der flussoptimale Neigungswinkel von 30 Grad der Dächer vermeidet das Festsetzen von Schmutz. Dank überstehender Tropfkante verschmutzen Flüssigkeiten beim Abtropfen nicht die Gehäusefront. Auch das umfangreiche Zubehör mit seinen Lösungen zur Befestigung ist auf eine leichte Reinigbarkeit sowie eine prozesssichere sowie zeit- und kostensparende Installation ausgelegt.
Die Gehäuse verfügen über eine rundum anliegende Dichtung sowie einem hygienegerechten Sechskantverschluss. Markant ist die blaue Farbe der außen liegenden Dichtung. Sie dichtet spaltfrei ab und schützt die im Gehäuse installierte Elektronik vor Feuchtigkeit und Nässe. Den Kabelverschraubungen kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu, denn sie müssen die Bohrungen sicher verschließen durch die die Kabel ein- und ausgeführt werden. Die DIN EN 60529 definiert dafür IP-Schutzarten, die dann wichtig sind, wenn das Gehäuse oder der Schaltschrank an einem Einsatzort aufgestellt werden soll, der verstärkt Schmutz und Wasser ausgesetzt ist. In diesem prozessnahen Umfeld überzeugen die Gehäuse von Ilinox mit Schutzklasse IP66 beziehungsweise IP69K. Sie sind somit spritz- und strahlwassergeschützt und lassen sich problemlos mit dem Hochdruckreiniger säubern. Damit steht ein modulares Schaltschranksystem in hoher Schutzart zur Verfügung, das sich direkt an der Maschine montieren lässt.
Sicherheit geht vor
Schaltschränke müssen eine Vielzahl von gesetzlichen Ansprüchen erfüllen, um zugelassen zu werden. Oberste Maxime ist die Sicherheit. Das beginnt beim sicheren Verschließen der Türen, um unbefugte Zugriffe zu verhindern. Aber auch der Schutz vor Überhitzung oder vor elektromagnetischen Einflüssen ist für die Lebensmittelindustrie von Belang. Umgekehrt muss selbstverständlich das Personal, welches sich in unmittelbarer Nähe des Schaltschranks befindet, geschützt werden. Hier gilt es, vor gefährlichen Spannungen beim Berühren und vor Brandgefahr zu schützen sowie elektromagnetische Emissionen wirksam abzuschirmen. Darüber hinaus verfügen viele Schaltschränke über einen Taster mit Not-Halt-Funktion, der zur Stilllegung der angeschlossenen Maschinen dient. Wolf betont: „Wir von Falk liefern die Ilinox-Gehäuse auf Display und SPS-Panel in Hygienic-Design-Ausführung oder in Standard zum Kunden. Ebenso sind ganze Schaltschrank-Verdrahtungen möglich.“
Für die Konstruktion eines Schaltschranks mit einer Schaltgerätekombination ist die Normenreihe DIN EN 61439 "Sicherheitstechnische Anforderungen für Niederspannungs- Schaltanlagen" anzuwenden. Sie legt für Elektroinstallateure, Anlagenbauer und Planer sowie für Endkunden die sicherheitstechnischen Anforderungen für elektrische Betriebsmittel fest, damit der Schutz von Anlagen und Personen innerhalb der Elektroinstallation eingehalten wird. Zu den elektrischen Betriebsmitteln zählen unter anderem Fehlerstrom- Schutzeinrichtungen, Leistungsschalter, Klemmen und Leitungsschutzschalter.
„Wir begleiten Lebensmittelproduzenten Schritt für Schritt zu ihrem passenden Schaltschrank“, Andreas Falk
Die Norm IEC 61439 enthält dazu verschiedene Anforderungen an die mechanischen Eigenschaften der Gehäuse – denn bei elektrischen Fehlern wird auch das Schaltschrankgehäuse durch einen Druckanstieg oder die magnetische Wirkung bei einem hohen Kurzschlussstrom stark beansprucht. „Ein Druckanstieg im Innern entsteht etwa bei einer Kurzschlussabschaltung von größeren Leistungsschaltern, die dabei einen Lichtbogen erzeugen. Und auch ein magnetisches Feld, das um eine Kupferschiene bei hohen Kurzschlussströmen entsteht, übt eine Wirkung auf die anderen Gehäuseteile aus, beispielsweise auf die Montageplatte“, erklärt Wolf einige der Szenarien. Weder dürfe sich eine Schaltschranktür während einer Kurzschlussabschaltung öffnen noch herumfliegende Bauteile Personen im Umfeld der Schaltanlage verletzen. „Alles muss sicher und zuverlässig funktionieren. Wichtig ist es, dass ein Schaltschrankgehäuse auch nach vielen Jahren noch die gleiche mechanische Festigkeit wie zu Anfang besitzt“, ergänzt Andreas Falk.
Der Bau eines Schaltschranks für eine Maschine erfordert darüber hinaus die Beachtung der DIN EN 60204-1. In dieser Norm sind die Anforderungen an elektrische Ausrüstungen von Maschinen beschrieben. Wolf: „Die Ziele der Normen überschneiden sich teilweise. Die Prüfung der Durchgängigkeit des Schutzleitersystems ist beispielsweise in beiden Normen gefordert. Auch die Anforderungen an die Strombelastbarkeit von Leitern und die Schutzart des Gehäuses sind in beiden Normen wiederzufinden.“
Automation im Zeichen von Industrie 4.0
„Schaltschränke sind in der heutigen Zeit mit Blick auf die Industrie 4.0 mehr denn je in der Lebensmittelindustrie unverzichtbar, wenn es um die effizienzsteigernde Automatisierung und unzählige andere technische Herausforderungen geht“, zieht Andreas Falk zum Abschluss des Gesprächs ein Fazit. Die digitale Transformation verspreche hier viele Vorteile, wie geringerer Installations- und Verkabelungsaufwand und weniger Platzbedarf für die Gehäuse. Diese Entwicklung fördere auch die Dezentralisierung der I/Os und der Steuerungstechnik. Noch ist die Ära der SPS nicht zu Ende. „Dass aber alle Funktionen einer Prozess- oder Verpackungslinie in nur einem Schaltschrank integriert sind, kommt immer seltener vor“, so Falk.
Eine Einschätzung, die Heinz-Peter Wolf mit Blick auf die jüngsten Trends im Schaltschrankbau teilt. Denn: „Bei der Dezentralisierung werden häufig kleinere Gehäuse gewählt, die unmittelbar auf der Feldebene installiert werden. Genau dann spielen Hygienic Design, Temperaturmanagement und andere technische Aspekte eine noch größere Rolle. Dafür muss Aufmerksamkeit beim Lebensmittelproduzenten vorhanden sein.“