GEGEN ANHAFTUNGEN GEWAPPNET
Seite 1/1 4 Minuten
Mensch-Maschine-Schnittstellen in der Lebensmittelindustrie müssen besondere Anforderungen erfüllen. Stichworte sind: hygienegerechtes Design, Vermeidung von Kreuzkontaminationen, totraumfreie Konstruktion. Zu den charakteristischen Eigenschaften der Befehls- und Meldegeräte – einschließlich der Not-Aus-Taster – für diese Anwendungen gehören spaltfreie Übergänge von Dichtelementen und Flächen sowie das Fehlen von vorstehenden Teilen. Diese unterstützen aktiv die Reinigung der Geräte, da Angriffspunkte für Anhaftungen minimiert werden. Zugleich müssen die offenliegenden Dichtungselemente sehr viel robuster ausgelegt sein, damit sie der täglichen Reinigung mit dem Hochdruckwasserstahl und mit aggressiven Medien sowie der Desinfektion standhalten. Das heißt: Eine hohe Schutzart IP69 und eine gute Medienbeständigkeit aller Materialien sind unabdingbar.
Allerdings – und hier muss man einer weitverbreiteten Fehleinschätzung entgegentreten – ist die Schutzart nicht alles. Ein Bediensystem kann eine ausreichende Schutzart aufweisen und dennoch ungeeignet sein für den Einsatz an Nahrungsmittelmaschinen, weil die Reinigungsfreundlichkeit nicht gegeben ist und die nötigen Anforderungen an das Hygienic Design nicht erfüllt werden.
Diese Anforderungen sind auch in der DIN EN ISO 14159 (Sicherheit von Maschinen – Hygieneanforderungen an die Gestaltung von Maschinen) festgeschrieben. Es muss zum Beispiel sichergestellt sein, dass es keine Toträume gibt, in denen sich Materialreste absetzen oder Biofilme bilden können. Die Oberflächen und Geometrien müssen so gestaltet, dass man sie gut reinigen kann. In den Gehäusen von Schaltern oder Bedienpanels darf sich auch keine Feuchtigkeit ansammeln.
Vereinfachung der Montage
Unter diesen besonderen Umständen bewährt sich das N-Programm von Schmersal seit vielen Jahren im Nahrungsmittelmaschinenbau. Es wurde speziell für hygienesensible Anwendungsbereiche entwickelt und besteht aus einem großen Angebot an Befehls- und Meldegeräten und einer Vielzahl an Zubehörteilen wie Not-Halt-Schlagtaster, Pilzschlagtaster oder Drucktaster. Mit seiner Vielfalt an unterschiedlichen hygienegerechten Schaltgeräten ist es auf dem Markt einzigartig. Dass dieses Programm jetzt durch das H-Programm abgelöst wird, hat zwei Gründe: Erstens gibt es neue, unter der Maschinenrichtlinie gelistete Normen für Nahrungsmittelmaschinen, die auch Auswirkungen auf die Gestaltung der Befehlsgeräte einschließlich der Not-Halt-Schlagtaster haben. Zweitens war es das Ziel, die Montage der Geräte weiter zu vereinfachen.
Die DIN EN 1672-2 beschreibt die Anforderungen an die Hygiene und die Reinigbarkeit von Nahrungsmittelmaschinen. Sie lehnt sich dabei an die weltweit einheitlichen und bekannten-Leitlinien der European Hygienic Engineering & Design Group (EHEDG) an. Die Norm geht sehr detailliert vor. Ein Beispiel: Für den Frontring, der den Übergang vom jeweiligen Bediengerät zur Frontplatte des Gehäuses bildet, ist ein definierter Mindestwinkel vorgegeben, der abhängig ist vom Abstand der Bediengeräte zueinander. So wird sichergestellt, dass das Personal die Zwischenräume auf der Frontplatte gründlich mit einem Tuch reinigen und die Geräte von allen Seiten auf Beschädigungen inspizieren kann.
Gemäß den Vorgaben dieser Norm hat Schmersal ein ganz neues Programm an Bedienelementen für hygienesensible Anwendungen entwickelt und dabei eine weitere neue Verordnung (10/2011/EU) berücksichtigt, die Anforderungen an die Werkstoffauswahl für diesen Einsatzbereich formuliert. In der neuen H-Serie sind verschiedene Bauarten von Schaltgeräten verfügbar: Drucktaster, Leuchtmelder, Wahlschalter, Potentiometerantriebe und Not-Halt-Geräte mit dem charakteristischen roten pilzförmigen Bedienelement als Schlagtaster.
Übergänge ohne Toträume
Ein vergleichender Blick auf die Befehlsgeräte aus dem N- und H-Programm zeigt die Weiterentwicklung. Zum Beispiel wurde die Verbindung des Not-Halt-Tasters zur Frontplatte hin neugestaltet. Die Dichtung in der branchenüblichen blauen Farbgebung ist nicht mehr vom Frontring verdeckt, sondern deutlich sichtbar. Sie kann also mit einem Blick auf Beschädigung überprüft werden – ein weiterer Vorteil im Hinblick auf die Hygiene. Der Winkel des Edelstahl-Frontrings entspricht der Neuausgabe der Norm. Der gelbe Frontring beim Not-Halt-Gerät spart neben dem Gelbschild auch noch eine mögliche Schmutzkante ein, welche durch ein Gelbschild entstehen würde. Bei allen Schaltern haben die Konstrukteure auf weiche Übergänge ohne Toträume und ohne Grate und Kanten geachtet.
Auffällig ist zunächst das blaue Dichtelement zwischen dem Rumpf und der Oberseite des Schlagtasters, das sich nicht in einem "Schuss" als Spritzgießbauteil herstellen lässt, sondern notwendigerweise aus zwei Teilen besteht. Bei der N-Serie waren diese beiden Teile ultraschallverschweißt. Allerdings entstehen beim Verschweißen offenporige Strukturen an der Stoßkante, die zwar klein, aber dennoch unerwünscht sind. Deshalb wird die Oberseite jetzt verrastet und ein O-Ring dichtet die Verbindung ab. Das gewährleistet ein höheres Maß an Hygiene.
Abgesehen von den Anforderungen der Normen und dem Hygienic Design als Konstruktionsprinzip ist das neue H-Programm vollständig modular aufgebaut. Alle Geräte – auch die Hauptschalter – verfügen über eine Zentralmutterbefestigung der Geräteköpfe und einen Snap-On-Kontaktträger. Die Kontaktelemente sind als Einzelkontakte ausgeführt und können variabel, auch im Huckepack-Prinzip, auf dem Snap-On-Kontaktträger kombiniert werden. Dieses Konzept erlaubt erstens eine sehr einfache und schnelle Montage, zweitens eine hohe Flexibilität und drittens schafft es die Voraussetzung für eine Vorverdrahtung.
Dass der Frontring aus Edelstahl gefertigt wird, ist ebenfalls nicht Gegenstand der Normung. Es ermöglicht aber den Einsatz dieser Befehlsgeräte in Bereichen, deren Hygieneanforderungen noch über die der Fleischverarbeitung hinausgehen. Insbesondere wird damit die Molkereiindustrie adressiert, wo die Maschinen nochmals gründlicher und mit aggressiveren Medien gereinigt werden.
Insgesamt stehen mit dem H-Programm 147 verschiedene Schalterbauarten zur Auswahl, darunter allein 26 Pilzdrucktaster, 24 Wahlschalter mit zwei oder drei Positionen und vier Potentiometer-Drehschalter. Der Konstrukteur einer Nahrungsmittelmaschine kann also frei wählen, welche Art von Bedienelementen er für die Gestaltung der HMI mit dem H-Programm verwendet. Und, auch das ist neu, er kann die Befehls- und Bediengeräte mit individueller Lasermarkierung bestellen, beispielsweise als OEM-Variante mit Logo.
Diesen Artikel finden Sie in LT 7-8/2023 auf den Seiten 40 und 41.
Ihr Weg zum Abo: Klicken Sie hier!