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Für die Handhabung der Laibe ist der Sechsachser mit einem Spezialgreifer ausgestattet.
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Achim Baumgärtner, Assistent der Geschäftsleitung bei Leupolz, ist von der Käsepflegeanlage begeistert.
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Rund 80 Käselaibe durchlaufen die innovative Anlage in der Stunde.

KÄSEHANDHABUNG MIT DEM ROBOTER

Die richtige Pflege von Käse in dessen Reifezeit ist von entscheidender Bedeutung für die Qualität des Lebensmittels. Eben deshalb setzt die Allgäuer Emmentalerkäserei Leupolz dabei auf eine innovative, vollautomatische Käsepflegeanlage, bei der ein großer Stäubli Sechsachser die Handhabung der rund 80 Kilogramm schweren Käselaibe übernimmt. 

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Idyllisch gelegen im Allgäu nahe Wangen umgeben von Wäldern, Weiden und Wiesen befindet sich die Bauernkäserei Leupolz. Das genossenschaftlich organisierte Unternehmen mit seinen 25 Mitarbeitern wurde 1960 gegründet, hat mittlerweile rund 170 Milchlieferanten und verarbeitet jährlich rund 45 Millionen Liter Milch, das entspricht einer Menge von rund 125.000 Litern am Tag. Eine Spezialität der Bauernkäserei sind die rund 80 Kilogramm schweren Rundlaibe, von denen jährlich etwa 6.000 Stück den Betrieb verlassen, etwa zehn Prozent davon in Demeter-Qualität.

Die Pflege dieser Laibe ist ein sehr aufwendiges Unterfangen. Achim Baumgärtner, Assistent der Geschäftsleitung bei Leupolz: „Die Käselaibe sollten im Sinne einer optimalen Qualität etwa drei Mal wöchentlich gepflegt werden. Bei einer durchschnittlichen Reifezeit von vier Monaten müssen die Laibe rund 40- bis 50-mal gewaschen, gebürstet und gesalzen werden – ein immenser Zeit- und Kostenaufwand.“ Um das Naturprodukt trotz der anspruchsvollen Pflege zu einem wettbewerbsfähigen Preis anbieten zu können, suchte man bei Leupolz nach ebenso effizienten wie wirtschaftlichen Möglichkeiten der Käsepflege. Dabei reifte der Wunsch nach einem höheren Automatisierungsgrad und schließlich stand die Vision einer vollautomatischen Käsepflegeanlage im Raum. 

Hygienegerechte Roboter statt Linearachsen

Der Weg von der Vision zur Realisierung führte über den bayerischen Ort Deiningen. Hier am Firmensitz des Anlagenbauers Lemmermeyer nahm das Projekt seinen Lauf. Das Unternehmen verfügt über profunde Kompetenz im Bereich des Edelstahl-Anlagenbaus und hat sich unter anderem im Food-Sektor einen Namen gemacht. Dass man dort über ausgewiesenes Know-how in der Lebensmittelindustrie verfügt, unterstreicht die Ausführung der im Jahr 2019 realisierten Käsepflegeanlage, die weitestgehend in Edelstahl gehalten ist. Die Konstrukteure haben konsequent auf die Einhaltung hoher Hygienestandards geachtet, Toträume vermieden und für die Handhabung der Käselaibe mit dem großen Stäubli Sechsachser TX200L HE ganz bewusst einen hygienegerechten Roboter eingesetzt.

Manfred Görthofer, Leiter Projektmanagement bei Lemmermeyer: „Würden wir für die Handhabungsprozesse innerhalb der Anlage klassische Linearachsen einsetzen, hätten wir ein großes Hygieneproblem. Kondenswasseransammlungen und Schmierstoffverunreinigungen durch die Führungen der Achsen lassen sich nicht vermeiden und das ist natürlich problematisch bei der Verarbeitung offener Lebensmittel. Deshalb gehen wir verstärkt dazu über, für solche Prozesse gekapselte Stäubli Roboter mit überlegenem Hygienedesign einzusetzen.“

Dass die robotergestützte Käsepflegeanlage nicht nur strengen Hygienestandards entspricht, sondern auch mit einer enormen Performance überzeugt, zeigt sich bei Leupolz. Rund 80 Käselaibe durchlaufen die Anlage in der Stunde. Die Aufgabe des TX200L in Feuchtraumausführung besteht dabei in der Be- und Entladung der vierfach- und achtfach-Regalständer, in denen sich die Käselaibe befinden. Diese Regale werden mit dem Gabelstapler an die Anlage gebracht und nach der Pflege wieder in den Reiferaum zurücktransportiert.

Für die Handhabung der Laibe ist der Sechsachser mit einem Spezialgreifer ausgestattet, der an die Gabeln eines Staplers erinnert. Damit nimmt der Roboter die auf einem Holzbrett liegenden Käselaibe auf und legt sie auf dem Förderband der Anlage auf. Im nächsten Schritt erfolgt die Trennung von Auflagebrett und Käselaib. Danach steht die Reinigung des Bretts ebenso auf dem Programm wie das Waschen und Bürsten des Käses, der anschließend noch mit Salz besprüht und abschließend über ein Gebläse getrocknet wird. Im letzten Schritt kommt der Käselaib wieder auf sein Brett und gelangt auf dem Förderband an eine definierte Übergabeposition. Hier greift ihn der TX200L HE ab und legt das Brett samt Käselaib zurück in das entsprechende Regalfach.

Um alle Stationen problemlos anfahren zu können, ist der Sechsachser auf einem Sockel montiert. Der TX200L hat eine Reichweite von knapp 2,6 Metern und ist mit dem zu handhabenden Gewicht von 100 Kilogramm – 80 Kilogramm Käselaib, fünf Kilogramm Holzbrett und 15 Kilogramm Greifer – an der sechsten Achse bis an seine Traglastgrenze ausgelastet.

Störungsfreier Betrieb vom ersten Tag an

Auch wenn der Roboter traglastseitig komplett ausgelastet ist, zeigt er sich der Belastung auch im Dauerbetrieb ohne weiteres gewachsen. „Unser TX200L HE läuft seit der Inbetriebnahme absolut störungsfrei. Gleiches gilt für die komplette Anlage. Wir kennen hier keine Ausfälle – selbst die täglichen Reinigungsprocedere können der Anlage und dem Roboter nichts anhaben“, freut sich Baumgärtner.

Tatsächlich sind die Stäubli Roboter in HE Ausführung selbst für härteste Reinigungsprocedere mit wässrigen Medien im pH-Bereich von zwei bis zwölf ausgelegt. Selbst dem Abspritzen mit dem Hochdruck-Wasserstrahl widerstehen diese Roboter problemlos. Sie können somit ohne zusätzlichen Schutzüberzug betrieben werden und sind schnell und gründlich zu reinigen. Zudem basieren die HE Versionen auf den Standard-Robotern und zählen damit auch bei der Verwendung von lebensmittelverträglichem Öl zu den schnellsten Maschinen im Weltmarkt.

Auch wirtschaftlich erweist sich der Robotereinsatz für Baumgärtner als Volltreffer: „In der Vergangenheit benötigten wir drei Personen für die Käsepflege. Heute schafft das ein halber Mann. Das spart natürlich Personalkosten – und noch viel wichtiger – wir können unsere Mitarbeiter von Wochenendarbeit entlasten, dort einsetzen, wo sie dringender gebraucht werden und müssen nicht permanent nach Überstunden anfragen. Das Arbeitsklima und die Arbeitsbelastung haben sich durch den höheren Automatisierungsgrad deutlich verbessert.“

Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Pflege der Käselaibe selbst. Die Kapazität der Roboteranlage erlaubt es, die Waschintervalle deutlich zu verkürzen, sprich die Pflege zu intensivieren. „Dank des Roboters können wir die Laibe heute wöchentlich bis zu drei Mal pflegen. Früher mussten wir uns mit einem oder zwei Durchläufen begnügen. Die intensivere Pflege wirkt sich positiv auf die Qualität des Käses aus und wir haben eine höhere Produktausbeute. Und die Konsumenten können diese Vorteile erschmecken. Besser war unser Allgäuer Emmentaler noch nie“, bestätigt Baumgärtner abschließend.

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