© Kärcher
In der Getränkeindustrie müssen die Anlagen von Produktresten befreit werden.
© Kärcher
Selbst empfindliche Oberflächen lassen sich schonend mit Trockeneis reinigen.

RESTLOSE SAUBERKEIT MIT TROCKENEIS

Eingebrannte Teigreste in der Backwarenproduktion oder Rückstände von zuckerhaltigen Getränken: Die Reinigung von Anlagen spielt für deren Instandhaltung und für die Gewährleistung von Hygiene eine große Rolle. Das Trockeneisstrahlen ist eine schonende, effiziente Methode, die etablierte Reinigungsabläufe sehr gut ergänzen kann – mittlerweile ist sogar eine Lösung verfügbar, die selbst Trockeneis erzeugt und somit flexibel einsetzbar ist.

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Das Trockeneisstrahlen ist ein Partikelstrahlverfahren, bei dem CO2-Pellets mit einer Größe von 0,5 bis drei Millimetern als Strahlmittel verwendet werden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Strahlmedien, die ihren festen Aggregatszustand während des Arbeitsprozesses nicht ändern, beruht die Oberflächenwirkung nicht nur auf dem abgegebenen mechanischen Impuls. Denn die mechanische Energie wird mit thermischer Energie verbunden, was zu einer sehr hohen Reinigungsleistung führt.

Die Trockeneispellets prallen mit einer Temperatur von minus 79 Grad Celsius und einer Geschwindigkeit von 150 Meter pro Sekunde auf die Oberfläche. Dabei geben sie ihre kinetische Energie ab. Durch die Kälte wird der Schmutz zudem brüchig und spröde, so dass er sich leichter löst. Ein weiterer Effekt steckt in der sogenannten Sublimation: Teile des gefrorenen Kohlendioxids dringen in die Risse von Schmutzkrusten oder Farbaufträgen ein, gehen vom festen in einen gasförmigen Zustand über und lassen durch diese 400-fache Volumenvergrößerung den Schmutz regelrecht aufbrechen. Zurück bleiben lediglich die abgestrahlten Substanzen, die je nach Menge und Zusammensetzung entweder mit der vorhandenen Druckluft abgeblasen oder mit Saugern aufgenommen werden.

Da das Verfahren kaum abrasiv ist und keine Strahlmittelrückstände, kein Schmutzwasser und keine Feuchtigkeit verbleiben, lassen sich speziell empfindliche Oberflächen schonend und mit geringem Aufwand von Schmutz befreien. Auch Bereiche, in denen kein Wasser verwendet werden kann, sind fürs Trockeneisstrahlen prädestiniert. Durch die Verwendung unterschiedlicher Düsengeometrien und -größen kann auf die jeweilige Anwendung eingegangen werden. In einem Scrambler lassen sich Pellets zerkleinern, um besonders schonend zu reinigen.

Große Trockeneisstrahlgeräte, die sogar für die Entlackung von Oberflächen geeignet sind, verbrauchen etwa 30 bis 100 Kilogramm Trockeneis pro Stunde. Das Strahlgerät dosiert die Pellets in einen Druckluftstrahl ein, der über Strahlschlauch mit Pistole und Düse auf die Oberfläche gelangt. Die benötigte Druckluft lässt sich über ein Druckluftnetz oder direkt über einen Kompressor beziehen, der ausreichend Luftdruck und -menge liefert. Da die Druckluft mindestens der Klasse 3 (ISO 8573-1) entsprechen muss, empfiehlt sich der Einsatz eines Wasser- und gegebenenfalls Ölabscheiders sowie eines Nachkühlers.

Die Trockeneispellets werden in großen Hydraulikpressen, sogenannten Pelletizern, hergestellt und in den meisten Industrieländern per 24-Stunden-Service geliefert. Werden die Pellets in den angelieferten Isolierboxen aufbewahrt, so bleiben sie drei bis fünf Tage gebrauchsfähig. Über die Zeit verlieren die Pellets allerdings Volumen und die Luftfeuchtigkeit kondensiert an ihnen. Dadurch nimmt die Dichte ab und die Pellets verkleben miteinander – die Reinigungsleistung verringert sich und die Pellets sind schließlich nicht mehr nutzbar. Wer kontinuierlich hohe Verbräuche hat und nicht von Lieferketten abhängig sein möchte, kann mithilfe eines Pelletizers und eines Niederdrucktanks mit flüssigem CO2 selbst Trockeneisgranulat nach Bedarf herstellen.

Je nach Einsatzzweck und -dauer kann der Aufwand für ein großes Strahlgerät samt Pellet-Beschaffung der Nutzung des Verfahrens im Weg stehen. Seit kurzem ist eine Lösung am Markt erhältlich, bei der das Trockeneisstrahlgerät die benötigten Pellets selbst erzeugt – genau dann, wenn die Reinigung erfolgt, in der benötigten Menge. Der Anwender muss lediglich flüssiges CO2 bereitstellen, das in Flaschen verlustfrei eingelagert werden kann, sowie ein Druckluftnetz beziehungsweise einen kompakten Kompressor. Dank eines intuitiven Bedienkonzepts und zahlreicher Assistenzsysteme zur Überwachung von Mindeststrahldruck oder Überhitzungsgefahr ist die Anwendung ohne lange Einweisung oder Planung möglich.

Der Schalldruck eines Trockeneisstrahlgeräts variiert und liegt in Abhängigkeit der Betriebsparameter zwischen 75 und 125 Dezibel (A). Der Anwender muss also in der Regel einen Gehörschutz tragen, der ab 80/95 Dezibel (A) vorgeschrieben ist. Zu seiner Sicherheit sollte die Persönliche Schutzausrüstung (PSA) außerdem Overall, Schutzbrille mit Helm sowie Handschuhe umfassen, da Trockeneis wegen der hohen Kälte auf der Haut zu Verbrennungen führt. Je nach Anwendung empfiehlt sich das Tragen einer (Staub-)Schutzmaske.

Die maximale Arbeitsplatzkonzentration für CO2 (MAK) ist auf 0,5 Volumenprozent beschränkt. In einer großen Fabrikhalle führt dies nur selten zu Problemen – in kleinen, geschlossenen Räumen oder Strahlkabinen muss allerdings eine Belüftungsanlage vorhanden sein. Ist dies nicht der Fall, braucht der Anwender eine Sauerstoffversorgung. Ein CO2-Messgerät am Arbeitsplatz stellt sicher, dass die Luftzusammensetzung stimmt.

Ein Bereich der Lebensmittelindustrie, in dem es trocken zugeht, sind Großbäckereien. Hauptherausforderung ist der feine Mehlstaub, der sich überall verbreitet, auf Bauteilen von Maschinen absetzt und für Explosionsgefahr sorgen kann. Um dies zu vermeiden, kommen stationäre, ATEX-konforme Absauganlagen und Sauger mit bis zu 200 Grad Celsius hitzebeständigen Schläuchen zum Einsatz. Geht es allerdings um die Beseitigung von festsitzendem Schmutz, beispielsweise angetrockneten Teigresten, kommt das Trockeneisstrahlen ins Spiel.

In diesem Umfeld besonders vorteilhaft ist, dass die Zwischenreinigung ohne Verwendung von Feuchtigkeit stattfinden kann. Also müssen im Produktionsprozess keine Trocknungsphasen und die damit verbundenen Stillstandszeiten in Kauf genommen werden. Außerdem werden die sensiblen Bestandteile der Fertigungsanlagen wie Motoren oder Ventile nicht beschädigt.

In der Getränkeindustrie sind oftmals zuckerhaltige Zusätze anzutreffen, die mit Wasser oder anderen Getränkebestandteilen vermengt werden. Sogenannte Cleaning-in-Place-Anlagen, also fest installierte Selbstreinigungsanlagen für Tanks, Behälter und Verrohrungen, sorgen in der Herstellung für Sauberkeit. In den Abfüllanlagen geht es beim Wechsel von einer Charge zur nächsten aber darum, auch die äußeren Bestandteile der Anlage von den meist klebrigen Getränkeresten zu befreien. Da Trockeneisstrahlen eine sehr effiziente Methode ist, die keinerlei Rückstände hinterlässt, eignet sie sich für diese Art der manuellen Zwischenreinigung sehr gut.

×