„UNSERE ANLAGEN SPIELEN HIER KLAR IHRE VORTEILE AUS“
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Herr Ollesch, welche Trends bewegen die Backwarenbranche zurzeit? Haben sich die Fragestellungen der Kunden in den vergangenen Jahren geändert?
Verbraucher suchen heute nach frischen, qualitativ hochwertigen Backwaren, die nachhaltig produziert werden. Gleichzeitig stellen gesellschaftliche Veränderungen wie die steigende Zahl an Single- Haushalten oder die zunehmende Mobilität die Hersteller vor Herausforderungen. Packungsgrößen und Zubereitungsformen verändern sich. Verbraucher können sich rund um die Uhr versorgen lassen. Das macht die Planung für Bäcker immer anspruchsvoller.
Wir bewegen uns also in einer wettbewerbsintensiven Branche, in der hoher Kostendruck und steigende Produktvielfalt neue Anforderungen an die Prozesse stellen ...
... und das auch vor dem Hintergrund, dass der zunehmende Fachkräftemangel gemeistert werden muss. Die technischen Weiterentwicklungen machen selbst vor kleinen Backstuben nicht halt. Gleichzeitig eröffnen sie spannende neue Möglichkeiten und kreative Produktideen für das Handwerk. Stetige Umsatzsteigerungen mit Convenience Food, wie etwa Backmischungen, sind die Folge.
Nicht verwunderlich ist es also, dass Automatisierung und Energieeinsparung ganz oben auf der Agenda der Produzenten stehen. Welche Auswahlkriterien treten in den Vordergrund, wenn es um Investitionen in neue Maschinen geht?
Die Anlagen müssen flexibel einsetzbar sein, das heißt, häufig verschiedene Produkte mit unterschiedlichen Parametern im schnellen Wechsel produzieren. Unsere Intensivmischer mit ihren schnell zu wechselnden Werkzeugen spielen hier klar ihre Vorteile aus. Hinzu kommt: Die Branche stellt besondere Anforderungen an die Hygiene, denn sie verarbeitet eine Vielzahl trockener Zutaten wie Zucker, Mehl oder Nüsse in offenen Prozessen. Zusätzliche Herausforderungen an den Reinigungsprozess ergeben sich aus dem Verarbeiten von hochviskosen Fruchtfüllungen oder Nougat und Marzipan.
Effizienz bei der Reinigung und Entleerung sind also weitere Kriterien, bei denen Sie als Maschinenbauer gefordert sind. Welches sind unter dem Gesichtspunkt des "easy to clean" die neuralgischen Stellen bei Mischern?
Mischer für die Verarbeitung von Waffelteigen, Cremefüllungen oder Karamellmassen, die nass gereinigt werden, müssen grundsätzlich höheren hygienischen Anforderungen entsprechen. Dafür sollten die Maschinen, wie im Falle von Glass, hochwertig in Edelstahl ausgeführt sein, was selbst in vielen Großbäckereien nicht immer der Fall ist. Ergonomie ist ein weiteres Kriterium. Unsere schonenden Mischer lassen sich systembedingt auf einer größeren Höhe entladen, als sie beladen werden. Die Entleerung des Intensivmischers erfolgt durch das Easy-Clean-Ventil, das am Übergang von Trommelmantel und Trommelboden angebracht ist. An dieser Stelle wird das Produkt durch den Mischflügel seitlich in das Ventil gefördert und damit ein Austragen auch hochviskoser Produkte ermöglicht.
„Die technischen Weiterentwicklungen machen selbst vor kleinen Backstuben nicht halt.“
Backbetriebe sind geprägt durch modernes technisches Equipment. Anlagen zum Kneten, Schlagen und Mischen von Zutaten zählen zu den wichtigsten Maschinen, die benötigt werden ...
Herzstück der Produktion in jeder Bäckerei ist ohne Frage die Mischtechnik. Bei der Herstellung von Backwaren wie Sü.waren ist ein gutes und sehr genaues Mischen der einzelnen Zutaten entscheidend. Dafür müssen die Verfahrensschritte Mischen und Emulgieren perfekt aufeinander abgestimmt sein. Je nach Teig, Waffelmasse, Füllung oder Creme kommen unterschiedliche Mischer der Typen AGM, VSM und VAS zum Einsatz. Die vielfältige Einsetzbarkeit unserer Maschinen schafft ein überzeugendes System, selbst bei herausfordernden Rezepturen und Mischen unter Vakuum.
Auf den ersten Blick werden die Lösungen von Glass nicht unbedingt in der Backwarenbranche vermutet ...
Sie haben insofern recht, als dass man unsere Prozessanlagen schwerpunktmäßig aus den Bereichen Convenience Food, Feinkost und Fleischerzeugnisse kennt. Unser Portfolio beinhaltet aber eine ganze Reihe an Lösungen, die diverse Prozesse in der Backwaren- und Konditoreiwarenherstellung einschließen. Jede Maschine wird speziell gemäß den Anforderungen des Anwenders konzipiert.
Können Sie uns einige konkrete Beispiele nennen?
Unsere Intensivmischer kommen etwa bei Anwendungen wie Dekorschnee, Rührteigmassen, Keksteigen und Waffelteigen, aber auch bei Pizza-Toppings mit zerkleinerten K.sestücken zum Einsatz. Dem gegenüber spielen unsere schonend arbeitenden Mischer ihre Vorteile bei Knäckebrot-Mischungen, Cremefüllungen und Karamellmassen aus. Am 19. und 20. Juni lädt das ttz Bremerhaven zum 4. Bakers´ Day ein. Wir nutzen diese Gelegenheit, um unser vielfältiges Lösungsangebot für die Branche vor Ort vorzustellen.
Welche Effekte und Rohstoffparameter machen den Mischprozess in der Bäckerei zu einer oft unterschätzten Herausforderung?
Generell ändern sich die Parameter der Hauptzutat Mehl. Je nach Type und Rezeptur müssen andere Mischzeiten und -geschwindigkeiten eingestellt werden. Mehl reagiert in Tortenböden, Feingebäck oder Waffeln empfindlich auf zu heftige Scherung. Das wiederum kann die Dosierung und Gebäckqualität negativ beeinflussen.
„Mischer, die nass gereinigt werden, müssen höheren hygienischen Anforderungen entsprechen.“
Wie lösen die Mischer diese Aufgabenstellung?
Bei Glass haben wir besonders schonende Mischer im Sortiment, die ohne große Beanspruchung empfindlichste Produkte sehr gut verarbeiten. Dank ihrer speziellen Werkzeuge zerkleinern sie Agglomerate, ohne dabei die Mehlstruktur zu schädigen. Am Boden des Behälters sorgt ein dreiflügeliger Mischarm für die dreidimensionale Durchmischung. Dabei wird das Mischgut an der Wand hochgedrückt, bevor es in der Mitte trombenförmig zusammenfällt.
Bei Mischern wird in der Regel unterschieden, ob es sich um Anlagen für pulverförmige Produkte oder für flüssige bis pastöse Produkte handelt ...
Eine Besonderheit unserer Mischer ist, dass sich mit der gleichen Maschine sowohl pulverförmige als auch flüssige und pastöse Produkte in einem wirtschaftlichen All-in-Verfahren verarbeiten lassen. Für eine Anfangsinvestition ist das oft mitentscheidend. Für die Herstellung von Backwaren und Süßwaren ist es darüber hinaus praktisch, dass unsere Mischer gleichzeitig zerkleinern können. So gelingt das Zermahlen von Nüssen genauso gut wie das Aufarbeiten von Rework. Selbst extreme Kräfte, wie sie in pastösen oder teigigen Produkten auftreten können, sind beherrschbar.
Bei welchen Produkten spielt das All-in- Verfahren in der Bäckerei eine Rolle?
Rührteige für Muffins sind ein Beispiel dafür. Sämtliche Prozesse können in einer einzigen Maschine erfolgen. Je nach Rezeptur lassen sich am Ende Zutaten wie Schokostücke, getrocknete Früchte oder Nüsse untermengen. Da sich die beiden Mischwerkzeuge separat ansteuern lassen, bleibt der Messerkopf aus und der Mischflügel hebt die Zutaten in kürzester Zeit unter, ohne die Stücke zu zerstören.
Stichwort Ausstattung: Welche Mischwerkzeuge stehen zur Auswahl?
Als Werkzeuge stehen Messerköpfe, klassische Zerhacker aber auch Turbinen zur Verfügung. Die Mischwerkzeuge am Boden sind in der Regel dreiflügelig ausgeführt, lassen sich allerdings sowohl in ihrer Form als auch im Abstand zum Boden entsprechend anpassen.
Und über welche Temperiermöglichkeiten verfügen die Anlagen?
Sämtliche Mischer stehen auch als Varianten zum Heizen oder Kühlen zur Verfügung. Das Heizen kann über eine Direktdampfinjektion erfolgen oder über Dampf, der durch den Doppelmantel strömt. Beide Funktionen lassen sich auch zusammen einsetzen. Eine weitere Möglichkeitbietet der Einsatz von Thermalöl im Doppelmantel. Das Kühlen erfolgt über kaltes Wasser, das durch den Doppelmantel fließt. Eine andere Option ist der Einsatz einer Glykol-Wasser-Mischung. Ist eine noch schnellere Kühlung gefordert, können kryogene Gase wie Kohlendioxid oder Stickstoff diese Aufgabe übernehmen. Dafür bieten wir spezielle Düsen und Gasführungen an.
„Die Einsatzvielfalt unserer Maschinen schafft ein überzeugendes System für Backwaren.“
Eine Dampfinjektion kommt häufig bei Convenience Food zum Einsatz. Wo spielt dieser Prozess in der Bäckerei ein Rolle?
Ein Beispiel für die Verwendung einer Direktdampfinjektion ist die Herstellung von Marzipanrohmasse. Auch hier handelt es sich um ein All-in-Verfahren, bei dem ganze Mandeln mit Puderzucker, Invertzucker-Sirup und weiteren Zutaten in den VSM-Mischer gegeben werden. Beim Zerkleinern wird das Produkt mit Direktdampf erhitzt. Dies verhindert, dass der Zucker im Behälter anbrennt. Ebenso ist eine Zerkleinerung von großen Marzipanblöcken mit den Intensivmischern möglich.
Ein weiteres Beispiel, das Sie angesprochen haben, ist "Süßer Schnee". Er wird zum Dekorieren und Bestäuben eingesetzt. Gegenüber herkömmlichem Puderzucker sind die feinen Zuckerkristalle mit einer hauchdünnen Fettschicht ummantelt. Wie lösen Ihre Mischer diese Aufgabe?
Für diesen Coatingprozess sind unsere VAS-Mischer mit einem schnellrotierenden Messerkopf ausgerüstet, der eine gute Scherung bei geringem Wärmeeintrag ermöglicht. Die Drehzahl des Mischarms wird so eingestellt, dass sich ein mechanisches Wirbelbett bildet. Agglomerate, die sich in der pulverförmigen Rohware befinden, werden so zerstört.
Wie läuft der Prozess im Detail ab?
Zu Beginn werden die pulverförmigen Inhaltsstoffe wie Saccharose und Dextrose homogen gemischt. Mithilfe eines Temperiermantels wird diese Vormischung auf eine Temperatur nahe des Schmelzpunktes des hinzuzudosierenden Fettes erwärmt. Durch den Eintrag von mechanischer Energie bilden sich Zuckerkristalle, die wasserdicht von einer geschlossenen Fettschicht umgeben werden. Die feine Granulat- Struktur wirkt sich positiv auf die Rieselfähigkeit aus. Damit schmilzt der Puderzucker dann nicht auf dem Weihnachtsstollen. Nachdem die Partikel ausreichend mit Fett verkapselt sind, kann der Abschluss der Fettkristallisation durch eine Kühlung erfolgen. Laufen die Mischer zu lang, besteht die Gefahr, dass das Produkt überhitzt und bei der Lagerung verklumpt. Zudem muss die Streufähigkeit auf den nachfolgenden Anlagen gewährleistet sein. Ebenfalls ist eine gewisse Klebrigkeit gefordert, damit der Schnee beim Transport nicht abfällt.
Wie erfolgt die Zugabe des Fettes?
Die Fette werden durch die Zugabeöffnung in den Mischer gegossen oder gepumpt. Der Vorteil ist, dass auch relativ kleine Mengen per Hand aus einem einfachen vorgeheizten Gebinde entnommen werden können – das heißt, es kann auf Anlagen mit beheizten Rohrsystemen, Pumpen und Sprühdüsen verzichtet werden, wie sie für Wirbelschichtanlagen typisch sind. Damit eignen sich unsere Mischer optimal für kleine bis mittlere Produktionsmengen, bei denen Flexibilität bei der Umstellung zwischen den verschiedenen Produkten gefragt ist. Unsere Mischer eignen sich damit auch für kleinere Backbetriebe, die in die Coating-Verfahren einsteigen wollen, da die Gesamtinvestition überschaubar bleibt.
Sie sprachen es bereits an: Für das Coating von kleineren Partikeln wird oft die Wirbelschichttechnologie eingesetzt. Wo liegen hier die Vorteile der Glass-Mischer?
Die Wahl der optimalen Prozesstechnologie hängt vor allem von der Partikelgröße und der Struktur des zu verarbeitenden Produktes ab. Oft ist die Wirbelschicht das perfekte Verfahren für anspruchsvolle Coating-Aufgaben – vor allem wenn eine Trockmung der Partikel erforderlich ist. Allerdings sind Wirbelschichtapparate bei großen Kapazitäten sowohl in der Anschaffung als auch aufgrund der aufwändigen Luftaufbereitung relativ kostenintensiv. Zudem ist die Reinigung nur mittels Cleaning in Place-Methoden (CIP) möglich. Einfach zu beherrschende Batchprozesse, wie die Herstellung von Dekorschnee, lassen sich dagegen in einem VAS-Mischer deutlich kostengünstiger bewerkstelligen – gerade was die Reinigung betrifft.
Hier tritt dann die anfangs angesprochene leichte Zerlegbarkeit der Mischer wieder in den Vordergrund?
Ja, denn die einfache Demontage von Rührwerken, Messerköpfen und Dichtungen ist gerade bei der Produktion in kleinen Batch-Maßstäben gefragt. Dort ist der Zeitaufwand für eine CIPReinigung in der Regel nicht zu rechtfertigen. Um die manuelle Reinigung zu unterstützen, lässt sich der Behälter des VAS-Mischers schwenken. Ist er geschwenkt, können mit wenigen Handgriffen sowohl das Zerkleinerungswerkzeug als auch der Mischflügel entnommen werden. Dadurch ist eine sehr gute Inspektionsmöglichkeit aller Bereiche sichergestellt.
Lassen sich auch Fondant, Glasuren oder baiserähnliche Massen, etwa für Zimtsterne, herstellen?
Auch derartige Massen lassen sich leicht mit unseren Intensivmischern herstellen. Beim Fondant kann zum Beispiel mit Zerhackern Luft eingebracht und damit die Dichte gezielt eingestellt werden. Auch Vakuum kann im Prozess helfen, die Masse dichter zu machen.
„Unsere Mischer eignen sich für Backbetriebe, die in die Coating- Verfahren einsteigen wollen.“
In der Back- und Süßwarenproduktion ist auch der Rework-Prozess nicht mehr wegzudenken. Welche Möglichkeiten bieten die Mischer hier?
Auch dort spielen unsere Mischer ihre Vorteile aus. Das Rework, beispielsweise Gebäckabschnitte, kann stückig in einen VAS gegeben und dann entweder nur zerkleinert oder auch in Flüssigkeiten aufgelöst werden. So lassen sich Bruch und Randabschnitte zu feinen Krümeln mahlen, um sie anschließend in rohen Teigen zu verarbeiten. Herkömmliche Mühlen kommen da bei Schokogebäck schnell an ihre Grenzen.
Jeder Prozess beginnt in der Regel im Kleinmaßstab, etwa mit Feasibility Batch. Wie können Sie die Gebäckproduzenten hier unterstützen?
Unser Technikum in Paderborn ist unser "Spielplatz" zum Testen und Ausprobieren neuer Verfahren und Rezepturen, eine Plattform für neue Ideen und das Zentrum unserer hausinternen Forschung und Entwicklung. Gemeinsam mit den Kunden erarbeiten wir hier individuelle Lösungen – auch für die Backwarenproduktion. Wir verfügen dort sowohl über Labormaschinen als auch Vorführmaschinen mittlerer Größe. Damit ist ein Scale up bis zum Maßstab 1:15 gesichert.
Wichtig ist es, die einzelne Maschine nicht nur auf den Prozess zuzuschneiden, sondern auch im Hinblick auf den zur Verfügung stehenden Raum auszuführen ...
Je nach Produkt ist zu entscheiden, welche Leistung die Motoren haben sollten. Außerdem wird die Höhe der Trommel festgelegt und die Verteilung der Anschlüsse, sodass die Maschine optimal in die Produktion passt. Deswegen schätze ich die Tests vor Ort bei den Kunden, weil alle wichtigen Mitarbeiter und Entscheidungsträger mit in den Prozess einbezogen werden und die Maschine unter Produktionsbedingungen sehen. Für Kunden ist es andererseits oft effizienter, die Versuche direkt bei uns im Technikum durchzuführen, anstatt im eigenen Werk eine Maschine zu installieren und zu qualifizieren.
Das Gespräch führte Mareike Bähnisch, freie Fachjournalistin für Prozesstechnik