INNOVATIVE EXTRUSIONSTECHNIK
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Durch das Extrudieren stärke- oder proteinbasierter Rohstoffe lassen sich vielfältige Produkte mit funktionalen Ernährungseigenschaften herstellen. Ein Schlüsselelement im Bereich der Extrusion ist die nachgeschaltete strukturierte Kühlung der Produkte durch Kühldüsentechnologie. Diese spielt eine entscheidende Rolle bei der Herstellung von pflanzlichen Fleisch- und Fischalternativen mit kurzen Zutatenlisten und verändert grundlegend die Art und Weise, wie wir verarbeitete pflanzliche Lebensmittel herstellen können.
Das DIL – Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik in Quakenbrück forscht intensiv an der Entwicklung von innovativen Lebensmitteln, auf Basis von pflanzlichen Proteinen und hat in den vergangenen Jahren in Kooperation mit der Bühler AG das "Technologiezentrum Proteine der Zukunft", welches sowohl für Forschungszwecke als auch für gewerbliche Entwicklungen und Lohnproduktionen genutzt werden kann, aufgebaut.
Proteine für eine nachhaltige Ernährung
Der Hintergrund der Zusammenarbeit, die im Jahr 2021 begann: Neue nachhaltige pflanzenbasierte Proteine wirken sich deutlich geringer auf die Umwelt aus, beanspruchen weniger Land und haben einen kleineren CO2-Abdruck als die Wertschöpfungskette von Fleisch. „Daher ist es unerlässlich, alternative und noch nicht ausgeschöpfte Proteinquellen zu finden und effiziente Technologien zu entwickeln, um diese in attraktive, marktfähige Produkte umzuwandeln“, bestätigt auch Clemens Hollah. Denn, so der Geschäftsführer der DIL Engineering GmbH, die Nachfrage der Konsumentinnen und Konsumenten nach nachhaltigen und gesunden Lebensmittelprodukten sei in den vergangenen Jahren gestiegen – „ein weiterer Beweis für die Chance der Lebensmittelindustrie, hier positiv Einfluss zu nehmen.“
Das Herzstück des Zentrums ist die fortschrittliche IFS-zertifizierte Extrusionstechnologie von Bühler. Der Doppelschneckenextruder PolyTwin BCTG und die Kühldüse PolyCool bieten eine Produktionskapazität von bis zu einer Tonne pro Stunde. Die Kühldüse kann für ein breites Spektrum von proteinreichen Rohmaterialien angewendet werden, zum Beispiel Isolate und Konzentrate aus Soja oder Hülsenfrüchten, Ölsaaten-Presskuchen sowie innovative Zutaten wie Mikroalgen oder Insekten. Der gesamte Produktionszyklus folgt den HACCP- und GMP-Grundsätzen und -Richtlinien. Die flexible Extrusionsanlage eignet sich für eine breite Palette von Lebensmittelanwendungen wie etwa die Trocken- und Nasstexturierung von Proteinen, die Verkapselung von Wirkstoffen sowie die Kochextrusion von Snackprodukten.
Mit ihrer vielseitigen Anwendbarkeit ermöglicht die Extrusion die Produktion texturierter Proteine mit unterschiedlichen Strukturen aus verschiedenen Rohstoffen. Durch Nassextrusion lassen sich aus pflanzlichen Proteinen Lebensmittelprodukte mit einer ähnlichen Struktur wie Fleisch herstellen – ein Technologiebereich, in dem Bühler marktführend ist. Hollah ist überzeugt: „Durch den Einsatz der Technik können wir nachhaltige, pflanzliche Fleisch- und Fischersatzprodukte herstellen, die zur Schonung der natürlichen Ressourcen beitragen.“ Dieser Schritt sei nicht nur für die Umwelt wichtig, sondern auch für die wachsende Zahl von Verbrauchern, die Wert auf ethische und umweltfreundliche Produkte legen.
Angetrieben durch modernste Technologie
Am Standort Quakenbrück bietet das DIL modernste Labore für Lebensmittelsicherheit, Pilotanlagen und Forschungskapazitäten. Über 200 Wissenschaftler und Technologen aus verschiedenen Fachbereichen arbeiten mit einer wachsenden Anzahl an Spin-off- und Start-up-Unternehmen zusammen, um Lösungen für bessere Lebensmittelsicherheit und -qualität zu entwickeln. Aus dem international tätigen Forschungsinstitut sind auch die DIL Technologie GmbH und die DIL Engineering GmbH hervorgegangen. Die DIL Technologie GmbH entwickelt und optimiert im "Technologiezentrum Proteine der Zukunft" für Kunden Lebensmittel auf Proteinbasis. Die DIL Engineering GmbH ist ein Maschinen- und Anlagenbauunternehmen. Es entwickelt und fertigt skalierbare maschinelle Lösungen für Lebensmittelproduzenten. Ein zentrales Betätigungsfeld ist die nachgelagerte Extrusionstechnik, insbesondere mit der patentierten Kühldüsentechnolgie.
Im Bereich der Nassextrusion ist die Kühldüsentechnologie der DIL Engineering GmbH vielseitig einsetzbar – sicher, effizient und prozessstabil. Sie wird dem Extruder nachgeschaltet und der Produktionsbereich kann über verschiedene Baugrößen von zehn Kilogramm pro Stunde bis 1.000 Kilogramm pro Stunde abgedeckt werden. Darüber hinaus sind die Kühldüsen mit verschiedenen Extrudern kompatibel. Die präzise Kühlung gewährleistet feinste Proteinstrukturen, insbesondere fasrige Texturate, die sich über Schneid-, Marinier- und Frosttechnologie in nachfolgenden Prozessschritten zu verschiedensten Lebensmitteln verarbeiten lassen. Das Ergebnis ist ein Produkt feinster Proteinfasern, das dem nachfolgenden Prozessschritt zugeführt werden kann.
Von Flachkühldüsen bis hin zu Ringspaltkühldüsen steht eine Vielzahl an Optionen zur Auswahl, um den spezifischen Anforderungen der Lebensmittelherstellung gerecht zu werden. „Diese Technik ist nicht nur effizient und einfach zu bedienen, sondern auch durch ihre modulare Bauweise individuell an den Produktionsprozess anpassbar. Sie ermöglicht den Herstellern, gewinnbringende Produkte zu entwickeln, die den Bedürfnissen des Marktes entsprechen“, so Hollah gegenüber LEBENSMITTELTECHNIK.
Simulation der Vorgänge im Extruder
Ein durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördertes Forschungsprojekt, das am DIL in Quakenbrück durchgeführt wurde, ist "Pre2FoodSecurity – MOEF, Modellierung, Simulation und Optimierung von Extrusionsprozessen von Fleischanaloga". Das Ziel dieses Projekts bestand darin, das Verhalten der Proteinstruktur besser zu verstehen und vorherzusagen, indem die Materialeigenschaften charakterisiert und der Eintrittsfluss in die Kühldüse numerisch simuliert wurde. Durch die Entwicklung einer Simulationsmöglichkeit sollten die komplexen Vorgänge im Extruder und in den Kühl- und Übergangsplatten beschrieben und vorhersehbar gemacht werden.
Durch den Bau einer Messkühldüse mit integrierten Druck- und Temperatursensoren konnte das rheologische Verhalten der Proteinmasse unter Extrusionsbedingungen, bei Berücksichtigung von Druck, Temperatur und Scherung, untersucht werden. Nachdem alle relevanten geometrischen Daten des Extruders und der Düse erfasst waren, wurde das Fließverhalten der Proteinmasse in der Kühlung simuliert. Hollah: „Der entwickelte numerische Berechnungscode für die Simulation von Fleischalternativen steht nun als Prototyp für potenzielle Interessenten zur Verfügung.“
Insgesamt stelle die Kühldüsentechnologie einen bedeutenden Fortschritt in der Lebensmitteltechnik dar. Ihre vielseitige Anwendung und ihr Beitrag zur Nachhaltigkeit mache sie zu einem unverzichtbaren Werkzeug für die Hersteller von Fleisch- und Fischalternativen. „Mit kontinuierlicher Forschung und Entwicklung wird sie zweifellos weiterhin eine Schlüsselrolle in der Gestaltung der Zukunft der Lebensmittelbranche spielen“, ist Clemens Hollah überzeugt.